Hinweise zur Umsetzung des AGG in der arbeitsrechtlichen Praxis

An dieser Stelle sollen lediglich erste Hinweise zur Umsetzung des AGG in der arbeitsrechtlichen Praxis der Handwerksbetriebe gegeben werden. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben.

Das AGG und § 61 b Arbeitsgerichtsgesetz sowie Informationen über die betriebliche Beschwerdestelle sind im Betrieb bekannt zu machen (Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder mittels Einsatz der im Betrieb üblichen Informations- und Kommunikationstechnik).

  • Der Arbeitgeber hat eine betriebliche Beschwerdestelle einzurichten. Die Beschwerde ist zu prüfen und das Ergebnis dem Beschwerde führenden Beschäftigten mitzuteilen.
  • Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten in geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligung geschult, gilt dies als Erfüllung seiner Pflichten. Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz können dann unter Umständen entfallen. Hierzu gehört insbesondere die Unterrichtung aller Beschäftigten über die Unzulässigkeit von Benachteiligungen bzw. eine Aufklärung über die Problematik der Benachteiligung (keine Witze / E-Mail mit diskriminierendem z. B. rassistischem oder sexuell belästi-gendem Inhalt, keine herabsetzende Darstellung religiöser Sachverhalte in Wort, Schrift oder Bild usw.) . Der Umfang einer Schulung wird insbesondere von der Größe des Betriebes abhängen. 
  • Benachteiligungen durch andere Beschäftigte sind durch geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu unterbinden.
  • Beschäftigte sind vor Benachteiligungen Dritter, beispielsweise Kunden oder Vertragspartner, durch "im Einzelfall geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen" zu schützen.
  • Das Bewerbungsverfahren ist zu überprüfen. Stellen müssen durchweg neutral ausgeschrieben werden. Dies schließt eine grundsätzlich geschlechtsneutrale Ausschreibung ohne Altersanforderungen und ohne Unterscheidung wegen der Rasse, ethnischen Herkunft oder Nationalität ein (unzulässig: "Für unser Sekretariat suchen wir eine jüngere Mitarbeiterin").
  • Im Vorstellungsgespräch dürfen keine Fragen gestellt werden, die gegen einen der Diskriminierungsgründe verstoßen (falsch: "Sind Sie Mitglied einer religiösen Sekte / Schwerbehinderter / schwanger?"). Entsprechendes gilt für Personalfragebögen.
  • Absagen sollten nicht begründet werden, nie mit Hinweisen auf Diskriminierungsgründe des AGG ("Leider sind Sie für unser junges Team zu alt").
  • Die Ausschlussfrist des AGG von 2 Monaten beginnt im Falle einer Bewerbung (oder eines beruflichen Aufstiegs) mit dem Zugang der Ablehnung. Den Zeitpunkt des Zugangs muss der Arbeitgeber im Streitfall beweisen. Daher ist ein Nachweis des Zugangs zu empfehlen.
  • Bestehende Verträge mit Beschäftigten sind auf eventuelle Benachteiligungen zu überprüfen (eventuell problematisch: Staffelung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter). Benachteiligungen sind für die Zukunft abzustellen. Neue Verträge sind diskriminierungsfrei zu gestalten.
  • Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat sowie anzuwendende Tarifverträge sind auf Benachteiligungen zu überprüfen. Benachteiligende Regelungen sind nicht anzuwenden.
  • Auch im laufenden Arbeitsverhältnis sind Benachteiligungen verboten. Dies gilt insbesondere hinsichtlich Beförderungen, Versetzungen und Abmahnungen.
    Verboten sind auch Benachteiligungen bei der Entlassung von Beschäftigten, einschließlich der Kündigungen und Zeugnisse.
  • Dokumentationen relevanter Vorgänge sind zum Nachweis benachteiligungsfreier Entscheidungen und Maßnahmen zu empfehlen. Die Dokumentationen sind bis zum Ablauf der Ausschlussfristen bzw. der Verjährungsfristen aufzubewahren.

 August 2006