Georg Schlagbauer
Handwerkskammer für München und Oberbayern
Georg Schlagbauer

Schlagbauer: "Beim Umsatz deutlich hinter Gesamtwirtschaft"Oberbayerns Handwerk in guter Verfassung

29. Januar 2016

"Das oberbayerische Handwerk präsentierte sich zum Jahresende in guter Verfassung. Wir gehen davon aus, dass sich in den nächsten Monaten weder die ausgezeichnete Kauflaune der Verbraucher noch die gute Beschäftigungslage und die niedrigen Zinsen sonderlich verändern werden. Davon dürfte unser Wirtschaftsbereich verstärkt profitieren", erklärte Handwerkskammerpräsident Georg Schlagbauer bei der Vorstellung der neuesten Konjunkturzahlen. 87 Prozent der oberbayerischen Handwerker erwarten einen guten Jahresauftakt, zwei Prozentpunkte mehr im Vergleich zum Vorjahr.

Das 4. Quartal 2015 brachte für 88 Prozent der Betriebe in München und Oberbayern gute oder befriedigende Geschäfte. Das entspricht exakt dem Vorjahresniveau. Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung lag im 4. Quartal 2015 bei 80 Prozent, ein Plus von einem Punkt gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Etwas mehr als ein Drittel der Betriebe meldeten Vollauslastung, im Ausbaugewerbe sogar über die Hälfte. Der Auftragsbestand im oberbayerischen Handwerk betrug in der Berichtsperiode im Schnitt 6,1 Wochen. Damit konnte das Vorjahresergebnis leicht übertroffen werden (+0,1 Wochen). Nach ersten Schätzungen erzielte das Handwerk im Kammerbezirk im 4. Quartal 2015 Umsätze in Höhe von 10,3 Milliarden Euro. Binnen Jahresfrist ist dies ein Zuwachs von nominal 1,9 Prozent.

Zum Jahresende 2015 waren rund 295.000 Personen im Handwerk tätig. Gegenüber 2014 entspricht dies einem leichten Plus von 0,1 Prozent. Zudem hat sich die Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge in 2015 erstmals seit 2013 wieder erhöht. Im vergangenen Jahr begannen 8.615 Auszubildende eine Lehre im oberbayerischen Handwerk (+1,5 Prozent). Allerdings blieben auch 1.900 Lehrstellen unbesetzt, das entspricht 18,1 Prozent des gesamten Angebots. Die Investitionsneigung lag im 4. Quartal 2015 bei 34 Prozent und erreichte damit das Vorjahresniveau. Das Investitionsvolumen dürfte auf 280 Millionen Euro angewachsen sein, was einem Zuwachs von 3,7 Prozent entspricht. Die Zahl der Handwerksbetriebe in Oberbayern verringerte sich im 4. Quartal 2015 um 0,3 Prozent auf knapp 79.500.

Im Gesamtjahr 2015 setzte das oberbayerische Handwerk 35,4 Milliarden Euro um. Das entspricht einem nominalen Plus von 1,5 Prozent. Nach Abzug der Preissteigerung liegt der Zuwachs bei 0,3 Prozent. Im Jahresdurchschnitt beschäftigten die Handwerksbetriebe im Kammerbezirk 295.000 Menschen (plus 0,1 Prozent). Zudem investierten Oberbayerns Handwerksbetriebe ungefähr 1,1 Milliarden Euro, ein Anstieg von drei Prozent. Schlagbauer: "Trotz der sehr ordentlichen Zahlen bleibt das Handwerk gemessen an der Umsatzentwicklung deutlich hinter der Gesamtwirtschaft zurück. Wir müssen versuchen, unseren Wirtschaftsbereich wieder näher heranzubringen!" Als Grund für das geringe Umsatzplus nannte der Kammerpräsident die mangelnde Versorgung mit Fachkräften, die das Handwerk schon seit Jahren beschäftigt. Laut einer Sonderumfrage unter Oberbayerns Betrieben Ende 2015 haben 45 Prozent der Betriebe freie Stellen für qualifizierte Fachkräfte. Neben verstärkter Ausbildung versuchen die Betriebe vor allem durch Überstunden und Höherqualifizierung des vorhandenen Personals gegenzusteuern.

Für 2016 erwartet das oberbayerische Handwerk ein nominales Umsatzwachstum von bis zu zwei Prozent. Bei der Beschäftigung wird mit einem leichten Plus von 0,1 Prozent gerechnet, die Investitionen dagegen dürften um drei Prozent steigen.

"Neben der Versorgung mit Fachkräften stellt auch ein leistungsfähiges Breitbandnetz einen unverzichtbaren Wettbewerbsfaktor dar. Fehlt es oder ist leistungsschwach, entsteht schnell ein Standortnachteil. Die zunehmende Digitalisierung bietet auch und gerade für den ländlichen Raum große Chancen, weil er damit viel stärker in die wachsende nationale und internationale Arbeitsteilung eingebunden werden kann. Hierfür ist eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet die Grundvoraussetzung. Dies belegt auch eine aktuelle Umfrage aus unserem Haus, bei der 59 Prozent der beteiligten Betriebe antworteten, dass man ohne 'schnelles Internet nicht wettbewerbsfähig' sei. 15 Prozent der oberbayerischen Handwerksbetriebe, sind mit Qualität und Schnelligkeit ihrer Internetverbindung überhaupt nicht zufrieden", berichtete Schlagbauer.

"Die Digitalisierung begünstigt dezentrale Strukturen und damit auch kleine und mittlere Unternehmen. Andererseits bietet sie der Großindustrie die Möglichkeit, z.B. mittels 3D-Druck verstärkt kleine Serien und individualisierte Produkte anzubieten - eigentlich eine ausgemachte Stärke des Handwerks! Angesichts eines solch gewaltigen Umbruchs haben Wirtschaftsorganisationen und Politik den Auftrag, die Betriebe bei der Bewältigung dieses technologischen Wandels besonders zu unterstützen. Daher sollte die Digitalisierung nicht nur auf industriepolitische Fragestellungen verengt, sondern auf einen breiten, mittelstandskompatiblen Ansatz ausgerichtet werden", so der Kammerpräsident.