Münchens Umweltreferentin Stephanie Jacobs (Mitte) zu Gast bei der Vollversammlung der Handwerkskammer.
Handwerkskammer für München und Oberbayern
Münchens Umweltreferentin Stephanie Jacobs (Mitte) zu Gast bei der Vollversammlung der Handwerkskammer.

Peteranderl: "Müssen mit Flächen sparsam und effizient umgehen"Vollversammlung der Handwerkskammer

19. Juni 2018

„Die Handwerkskonjunktur läuft weiterhin hervorragend. Der Aufschwung ist unglaublich stabil. Er wird von einer starken Nachfrage im Baubereich, zunehmenden Investitionen und einem regen privaten Konsum getragen“, betonte Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl bei der heutigen Vollversammlung der Handwerkskammer.

Positiv bewertete der Präsident in seiner Rede die bayerische Wohnungsbauinitiative, mit deren Hilfe bis 2025 eine halbe Million Wohnungen im Freistaat entstehen soll: „Hier geht man in die richtige Richtung. Wohnraum ist knapp und teuer. Mieten und Immobilienpreise steigen. Es muss aber auch für Normalverdiener finanzierbare Wohnungen geben. Dies ist auch eine wichtige Voraussetzung für die Fachkräfteversorgung des Handwerks.“ Fördermaßnahmen allein würden das Problem aber nicht lösen, so Peteranderl. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Ausweisung von Flächen, um den Anstieg der Grundstückspreise zu dämpfen. „Gerade im Raum München sind Flächen so knapp, dass wir sparsam und effizient mit dieser Ressource umgehen müssen. Die Kommunen sind gefordert, den richtigen Mix aus Wohnungs- und Gewerbebau zu finden, der Natur den notwendigen Raum zu geben und die Lebensqualität zu erhalten“, sagte Peteranderl.

Flächenverbrauch und Fahrverbote

Gleichzeitig kritisierte er die starre Vorgabe, die das „Volksbegehren gegen Flächenverbrauch“ vorsieht. Danach sollen in Bayern per Gesetz maximal fünf Hektar pro Tag verbraucht werden dürfen. Aus Sicht des Handwerks wären damit Konflikte zwischen den Regionen vorprogrammiert, die kommunale Planungshoheit würde massiv eingeschränkt. „Ein geeigneterer Ansatz wäre beispielsweise die Stärkung des Landesentwicklungsprogramms mit restriktiveren Vorgaben, etwa beim Anbindegebot. Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, müssen auch die Kostenaspekte berücksichtigt werden“, so der Kammerpräsident. Er forderte die Bundesregierung auf, sich rasch mit der Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz zu befassen: „Wir brauchen ein ganzheitliches Regelwerk für die Entsorgung von Bauschutt. Ziel muss es sein, dass möglichst viel Material wiederverwertet wird und dementsprechend weniger deponiert werden muss.“ Ebenso müsse die ständige Novellierung von Gesetzen und Normen reduziert werden, die das Bauen ebenfalls verteuern.

Mit Blick auf drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge stellte Peteranderl klar, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts keinen Freibrief dafür ausgestellt habe. Vielmehr muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Der Kammerpräsident: „Fahrverbote können nur das allerletzte Mittel sein. Zufahrtsbeschränkungen können für die kleinen und mittleren Unternehmen des Handwerks existenzgefährdend sein. Vier von fünf Handwerkern in Oberbayern sind auf Dieselfahrzeuge angewiesen.“ Im Falle von Fahrverboten forderte Peteranderl ausreichend lange Übergangsfristen für das Handwerk.

Musterfeststellungsklage und Tachographen-Pflicht

Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Hüpers nahm in seiner Rede u.a. Stellung zum Gesetz zur Einführung einer Musterfeststellungsklage: Er kritisierte, dass den Handwerksbetrieben der gleichberechtigte Zugang verwehrt bleibe. Zwar könnten Unternehmer, die einen Individualprozess führen, das Verfahren aussetzen und das Ergebnis der Musterfeststellungsklage abwarten. „Im Gegensatz zu Verbrauchern tragen sie jedoch weiterhin das Prozesskostenrisiko“, betonte der Hauptgeschäftsführer, „diese Ungleichbehandlung von Unternehmern und Verbrauchern ist nicht nachvollziehbar.“ Gerade bei der „Diesel-Affäre“ wurde deutlich, dass bei Massenschäden große Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Geschädigten-Ansprüchen, zu denen auch Handwerker gehören, bestehen. Zur vom Bundesverfassungsgericht verordneten Neuregelung der Grundsteuer forderte Hüpers, dass diese aufkommensneutral bleiben müsse: „Den Handwerksbetrieben darf keine höhere Belastung entstehen, der bürokratische Aufwand muss sich in Grenzen halten.“ Die Grundsteuer solle eine Objektsteuer bleiben, führte der Hauptgeschäftsführer aus: „Das Handwerk unterstützt ein einfaches Modell auf der Grundlage einer verkehrswertunabhängigen Bemessungsgrundlage. Eine gute Lösung wäre eine flächenbezogene Bewertung, da hier die Bemessungsgrundlage einfach und kostengünstig ermittelt werden kann.“ Das sog. „Modell der Südländer“, komme den Forderungen des Handwerks in dieser Hinsicht am nächsten.

Hüpers berichtete, dass die Gremien der EU in Brüssel gerade intensiv über die Tachographen-Pflicht für Fahrzeuge mit einem Gewicht zwischen 2,4 und 3,5 Tonnen verhandeln, die grenzüberschreitend fahren. „Wir waren Anfang Juni in Brüssel und haben bei unseren bayerischen EU-Parlamentariern intensiv dafür geworben, dass international tätige Speditionen nicht mit Handwerkern in einen Topf geworfen werden dürfen. Der Werkverkehr muss von der Aufzeichnungspflicht befreit bleiben, wenn der Fahrer nicht hauptberuflich fährt. Wir werden uns im Entscheidungsprozess weiterhin dafür einsetzen, dass die Ausnahmen für das Handwerk durchgesetzt werden“, betonte Hüpers. Gleichzeitig bleibt die bisher gültige Ausnahme für Handwerker, wonach Fahrten in einem Radius von 100 Kilometern von den Aufzeichnungspflichten ausgenommen sind, weiterhin bestehen.

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