Arbeits-Sozialrecht3
Handwerkskammer für München und Oberbayern

Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze: Rente ab 67. Lebensjahr

Ab dem Jahr 2012 wird bei der Altersrente die Regelaltersgrenze abhängig vom Geburtsjahrgang stufenweise vom 65. auf das 67. Lebensjahr angehoben. Eine entsprechende Anhebung der Altersgrenzen gibt es bei den anderen Rentenarten. Zu diesem Zeitpunkt wird außerdem die Möglichkeit enden, Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, Altersrente für Frauen und Altersrente nach Altersteilzeit zu beantragen. Grundlage dieser Änderungen ist das sogenannte RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl. I 2007, S. 554).

1. Die wichtigsten Neuregelungen des Gesetzes: 

  • Regelaltersgrenze:
    Die Regelaltersgrenze wird von 2012 an bis zum Jahr 2029 stufenweise auf 67 Jahre angehoben. Die Anhebung erfolgt zunächst um einen Monat pro Jahrgang (Regelaltersgrenze von 65 auf 66 Jahre) und dann ab Jahrgang 1959 um zwei Monate pro Jahrgang (Regelaltersgrenze von 66 auf 67 Jahre). Von der Änderung sind somit alle Geburtsjahrgänge ab dem Geburtsjahrgang 1947 betroffen. Für alle ab 1964 Geborenen gilt die Regelaltersgrenze 67 Jahre. 
  • Altersrente für langjährig Versicherte:
    Ebenfalls wird ab 2012 die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte stufenweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente soll wie bisher frühestens mit 63 Jahren möglich sein. Die nach geltendem Recht künftig vorgesehene Absenkung dieser unteren Altersgrenze auf 62 Jahre unterbleibt. Die Inanspruchnahme dieser vorgezogenen Altersrente ab 63 Jahren - in Zukunft vier Jahre vor der Möglichkeit des abschlagfreien Bezugs - ist mit einem Rentenabschlag von 14,4 Prozent verbunden. 
  • Altersrente für schwerbehinderte Menschen:
    Für schwerbehinderte Menschen wird die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Altersrente stufenweise von 63 auf 65 Jahre angehoben. Die Altersgrenze für die früheste vorzeitige Inanspruchnahme dieser Rente wird von 60 auf 62 Jahre angehoben. Damit verbleibt es bei einem maximalen Abschlag in Höhe von 10,8 Prozent bei einer frühestmöglichen Inanspruchnahme drei Jahre vor dem abschlagfreien Bezug. 
  • Große Witwenrente und Witwerrente:
    Die Altersgrenze für diese Rente wird um zwei Jahre auf das 47. Lebensjahr heraufgesetzt. Die Anhebung der Altersgrenze erfolgt stufenweise, so wie bei der Anhebung der Regelaltersgrenze.
  • neue Altersrente für Versicherte mit 45 Pflichtbeitragsjahren:
    Mit Beginn der Anhebung der Regelaltersgrenze zum 1. Januar 2012 wird für besonders langjährig Versicherte eine neue Altersrente eingeführt. Anspruch auf einen abschlagsfreien Rentenbezug nach Vollendung des 65. Lebensjahres haben Versicherte, die mindestens 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen aus Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit, Pflege oder Zeiten der Kindererziehung bis zum 10. Lebensjahr des Kindes erreichen. Diese "Altersrente für besonders langjährig Versicherte" kann nicht vor dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen werden.

2. Auswirkung der Erhöhung des Renteneintrittsalters auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters im Sozialversicherungsrecht hat auch Auswirkungen auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichen des Renteneintrittsalters. Die Erhöhung des Renteneintrittsalters wirft insoweit Rechtsfragen auf, die wohl erst durch die Rechtsprechung abschließend geklärt werden. Nachfolgend soll jedoch ein erster Überblick über mögliche Auswirkungen gegeben werden.

 

  1. Allgemeines
    Das unbefristete Arbeitsverhältnis endet grundsätzlich nicht "automatisch" mit Erreichen eines bestimmten Alters oder zu einem Zeitpunkt, in dem Arbeitnehmer Altersrenten in Anspruch nehmen kann. Es bedarf vielmehr eines Beendigungsaktes (Beispiel: Kündigung oder Aufhebungsvertrag).
  2. Kündigung
    Der Anspruch des Versicherten auf eine Rente wegen Alters ist nicht als Grund anzusehen, der die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach dem Kündigungsschutzgesetz bedingen kann, so § 41 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
  3. Altersgrenzenvereinbarungen
    Vereinbarungen, die eine Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei möglichem Rentenbezug vorsehen, sind zulässig; sie können sowohl einzelvertraglich als auch durch Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat oder durch Tarifvertrag erfolgen. Gesetzlich geregelt ist dies in § 41 S. 2 SGB VI.

    Nach der neuen Fassung dieser Bestimmung ist eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Arbeitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Alters beantragen kann, dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen. Eine solche Vereinbarung ist jedoch dann wirksam, wenn die Vereinbarung innerhalb der letzten 3 Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer innerhalb der letzten 3 Jahre vor diesem Zeitpunkt bestätigt worden ist.

    Während die bisherige Regelung für die Altersgrenzenvereinbarung starr auf die Vollendung des 65 Lebensjahres abstellte, ist die Neuregelung flexibel ausgestaltet.

    aa. Das Ansteigen des Renteneintrittsalters kann bei einer Klausel in einem Arbeitsvertrag, die das automatische Ausscheiden des Arbeitnehmers auf die Vollendung des 65. Lebensjahres festsetzt, gegebenenfalls unterschiedliche arbeitsrechtliche Wirkungen auslösen.

    In der Regel wird jedoch die bloße Nennung der bisherigen Regelaltersgrenze von 65 Jahren in einer Altersgrenzenklausel wohl nur einen so genannten deklaratorischen Charakter haben, also das Gesetz/Recht nur wiedergeben ohne eigens ein Recht zu begründen. Ist die Bezugnahme auf die Altersgrenzen im Arbeitsvertrag nur deklaratorischer Art, verweist die Vertragsklausel auf das jeweilige gesetzliche Renteneintrittsalter. Eine Anpassung des Vertrags ist grundsätzlich nicht erforderlich.

    bb. Altersgrenzen, die in Tarifverträgen enthalten sind, dürften im Regelfall wohl ebenfalls als deklaratorisch anzusehen sein. Dies hat dann die automatische Anpassung an das jeweilige gesetzliche Renteneintrittsalter zur Folge. 
  4. Altersteilzeitvereinbarungen
    Bei Altersteilzeitvereinbarungen im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz, die vor dem 1. Januar 2007 abgeschlossen wurden, bleibt die bisherige Regelaltersgrenze (65. Lebensjahr) bestehen (§ 235 Abs. 2 Ziff. 1 SGB VI).
  5. Künftige Vertragsgestaltung
    In neuen Arbeitsverträgen sollte der gesetzlichen Anhebung des Renteneintrittsalters Rechnung getragen werden und angesichts der stufenweisen Anhebung des Renteneintrittsalters eine entsprechend flexible Klausel verwandt werden. Diese könnte wie folgt formuliert werden:

    "Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die für ihn maßgebliche Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht. Zuvor kann es von beiden Seiten jederzeit ordentlich gekündigt werden."

    Vor Verwendung der Klausel sollte in jedem Fall Rechtsrat eingeholt werden. Die Ansprechpartner der Handwerkskammer geben Auskunft.

Links zum Gesetzestext:

Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz)



Dezember 2007