Peteranderl, Dr. Hüpers
Handwerkskammer für München und Oberbayern

Oberbayerns Handwerksbetriebe vor harten MonatenPeteranderl: "Pessimismus zieht sich quer durch alle Branchen"

26. Oktober 2022

Trotz steigender Zinsen, hoher (Energie-)Kosten und einer gleichzeitig sinkenden Nachfrage schätzten 46 Prozent der oberbayerischen Handwerksbetriebe ihre Geschäftslage im 3. Quartal als gut und weitere 35 Prozent als befriedigend ein. Gegenüber dem Vorjahresquartal ist dies ein leichter Rückgang um insgesamt 5 Punkte.

Die Betriebsauslastung legte im Berichtszeitraum um 1 Punkt auf 80 Prozent zu. Dagegen ging der durchschnittliche Auftragsbestand im oberbayerischen Handwerk im Vorjahresvergleich um 1,1 auf 9,2 Wochen zurück. Nach Schätzungen der Kammer setzten Oberbayerns Betriebe im 3. Quartal 13,1 Milliarden Euro um. Dies entspricht einem nominalen Plus von 8,3 Prozent. Angesichts der Preissteigerung steht unter dem Strich allerdings ein reales Minus von 1,8 Prozent. Laut Schätzungen der Kammer waren Ende September etwa 315.900 Personen im oberbayerischen Handwerk tätig. Dies entspricht einem Rückgang von 0,6 Prozent binnen Jahresfrist. Bis zum Jahresende ist nicht mit einem Beschäftigungsaufbau zu rechnen.

Auch die Investitionstätigkeit der oberbayerischen Handwerksbetriebe hat im 3. Quartal nachgelassen. „Steigende Zinsen und ungewisse Aussichten haben die Unternehmen vor allem bei großen Ausgaben vorsichtig werden lassen“, sagt Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl. Der Anteil investierender Betriebe sank gegenüber dem Vorjahresquartal quer durch alle Branchen um insgesamt 4 Punkte auf 35 Prozent. Im Berichtzeitraum wurden in Summe 300 Millionen Euro investiert. Das ist ein Plus von nominal 3,4 Prozent. Der Zahl der oberbayerischen Handwerksbetriebe betrug Ende September 79.335. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 0,9 Prozent.

Schwieriger Ausblick auf das Gesamtjahr

Angesichts steigender Kosten und einer geringeren Nachfrage stellen sich Oberbayerns Handwerkerinnen und Handwerker auf harte Monate ein: Nur noch 7 Prozent der Befragten erwarten für das 4. Quartal eine Verbesserung der Geschäftslage. Zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres lag dieser Wert immerhin bei 13 Prozent. 58 Prozent gehen von gleichbleibenden Geschäften aus. Dieser Wert lag vor Jahresfrist um 17 Punkte höher. Peteranderl: „Der wachsende Pessimismus zieht sich quer durch alle Branchen.“

Der Ausblick auf das Gesamtjahr bleibt weiterhin sehr schwierig. Die Kammer erwartet für das oberbayerische Handwerk ein gewerkübergreifendes Umsatzplus von nominal 10 Prozent. Real wird davon allerdings kaum etwas übrigbleiben. Die Zahl der Beschäftigten dürfte um etwa 0,6 Prozent sinken, das Investitionsvolumen um ca. 6 Prozent zulegen.

Bewerbermangel ist das mit Abstand größte Ausbildungshindernis

Eine kürzlich zur Ausbildungssituation durchgeführte Umfrage der Kammer ergab, dass von den ausbildungswilligen Handwerksbetrieben in Oberbayern in diesem Jahr nur ein Drittel alle angebotenen Lehrstellen vollständig besetzen konnte. 30 Prozent der Befragten haben Auszubildende gefunden, aber nicht alle zur Verfügung stehenden Plätze belegen können. 36 Prozent der ausbildungswilligen Betriebe waren bei der Akquise in diesem Jahr leider nicht erfolgreich. Für Betriebe, die grundsätzlich nicht ausbilden, sind zu 86 Prozent die Größe bzw. fehlende Eignung der entscheidende Faktor. Im Kammerbezirk München und Oberbayern besteht rund die Hälfte der Handwerksbetriebe aus einer Person. Deren Geschäftsmodell ist im Regelfall nicht auf die Ausbildung ausgelegt.

„Das mit Abstand größte Hindernis ist jedoch der Bewerbermangel“, berichtet Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Hüpers: „72 Prozent der Betriebe, die nicht alle oder gar keinen ihrer Ausbildungsplätze besetzen konnten, nennen als Grund fehlende geeignete Bewerberinnen und Bewerber. 38 Prozent antworteten, dass bei den Bewerbern vielfach falsche Vorstellungen von der Arbeit im Handwerk bestehen. Ein Drittel der Befragten gab fehlende Ressourcen im Betrieb als Grund an. 29 Prozent kritisieren, dass ausgelernte Fachkräfte den Betrieb nach der Lehre wieder verlassen und sich eine Ausbildung daher für sie wirtschaftlich nicht lohne.“ Für 68 Prozent der befragten Betriebe ist die bessere Berufsorientierung an allen Schularten eine entscheidende Stellschraube, um die Ausbildungssituation im Handwerk deutlich zu verbessern. Mehr finanzielle Unterstützung des Staates für Ausbildungsbetriebe wünschen sich 59 Prozent. 24 Prozent glauben, dass eine bessere personelle und technische Ausstattung von Berufsschulen und Bildungseinrichtungen helfen könnte.

Um zusätzliche Auszubildende zu gewinnen, setzen 35 Prozent auf finanzielle Anreize jenseits der normalen Ausbildungsvergütung (Tankgutschein, Mobiltelefon etc.). 34 Prozent nutzen vermehrt Lehrstellenportale. Jeweils ein Drittel wirbt verstärkt in sozialen Netzwerken und arbeitet vermehrt mit Vereinen, Schulen und Ausbildungsmessen zusammen. Hüpers: „Die Frage, ob die fehlenden Bewerberinnen und Bewerber für Ausbildungsplätze auch mit der mangelnden Wertschätzung für das Handwerk in der Gesellschaft zu tun haben könnte, wurde von 88 Prozent eindeutig bejaht. Auch deshalb versucht die Handwerksorganisation mit Ausbildungsberatung und der bayerischen Nachwuchskampagne ‚Macher gesucht!‘, die Lehre und Karriere im Handwerk positiv in den Köpfen von Jugendlichen, Eltern und Lehrerschaft zu verankern. Ebenso müssen die Schulen deutlich stärker in die Pflicht genommen werden, um eine Ausbildung im Handwerk als Alternative zum Studium noch deutlicher herauszuarbeiten.“

Beitrag von Alexander Tauscher zur Handwerkskonjunktur:

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