Sozialpolitischer Informationsdienst Ausgabe 1/2010

BHT-Initiative zur Neuregelung der gesetzlichen Kündigungsfristen aufgrund EuGH-Urteil vom 19.01.2010 zur vollen Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 19. Januar 2010, dass die bisher in Deutschland geltende Regelung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegende Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers bei der Berechnung der vom Arbeitgeber zu beachtenden (verlängerten) Kündigungsfristen nicht berücksichtigt werden, mit Unionsrecht nicht zu vereinbaren ist. Jüngere Arbeitnehmer kämen nicht wie Ältere in den Genuss verlängerter Kündigungsfristen. Betroffene würden damit wegen ihres Alters diskriminiert, befand das Gericht in seinem Urteil (Rs. C-555/07 - Kücükdeveci).

Das Urteil des EuGH können Sie hier nachlesen

Da die Entscheidung des EuGH in vielen Fällen auf eine Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitgeber hinausläuft, fordert der BHT eine generelle Abkürzung der gesetzlichen Kündigungsfristen, zumindest für Betriebe mit bis zu 20 Arbeitnehmern und hat seine Position gegenüber dem UDH mit Schreiben vom 27.01.2010 dargelegt:

 

BHT-Stellungnahme zum Gesetzentwurf eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes

Die SPD-Fraktion fordert strengere Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer vor dem Missbrauch persönlicher Daten und hält dazu ein eigenständiges Gesetz für notwendig. Dementsprechend brachte sie am 25. November 2009 den Entwurf eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes in den Bundestag ein. Der eingereichte SPD-Gesetzentwurf entspricht dem vom früheren Bundesminister Scholz bereits am 4. September 2009 vorgelegten Entwurf eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes.

Den Entwurf eines Gesetzes zum Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis (Beschäftigtendatenschutzgesetz – BDatG), Bundestagsdrucksache Nr. 17/69, finden Sie hier:

 

BAG: Unzureichende Deutschkenntnisse als Kündigungsgrund

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 28. Januar 2010 (Az. 2 AZR 764/08) entschieden, dass es keine nach § 3 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verbotene mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft darstellt, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern die Kenntnis der deutschen Schriftsprache verlangt, soweit sie für deren Tätigkeit erforderlich ist. Der Arbeitgeber verfolgt ein im Sinne des Gesetzes legitimes, nicht diskriminierendes Ziel, wenn er – z. B. aus Gründen der Qualitätssicherung - schriftliche Arbeitsanweisungen einführt.

Ist ein Arbeitnehmer nicht in der Lage, in deutscher Sprache abgefasste Arbeitsanweisungen zu lesen, so kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein. Im zu entscheidenden Fall hat das BAG die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen unzureichender Deutschkenntnisse als rechtswirksam bestätigt und darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ausreichend Gelegenheit zum notwendigen Spracherwerb gegeben hat.

Die Pressemitteilung zum BAG-Urteil vom 28. Januar 2010 finden Sie hier:

 

Neue Geringfügigkeits-Richtlinien: Erleichterungen für Arbeitgeber

Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger haben neue Geringfügigkeits-Richtlinien zur versicherungs-, beitrags-, und melderechtlichen Beurteilung geringfügiger Beschäftigter herausgegeben.

Die neuen Geringfügigkeits-Richtlinien vom 14. Oktober 2009 bringen Erleichterungen für Arbeitgeber. Bei Beginn oder Ende einer geringfügigen Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats ist nicht mehr die anteilige, sondern die volle Geringfügigkeitsgrenze von 400 Euro anzuwenden. Außerdem ist es Arbeitgebern nun möglich, vorausschauende Schätzungen des Jahresdurchschnittsentgelts bei schwankendem Arbeitsentgelt auf eine Kalenderjahresbetrachtung umzustellen. Weiterhin gilt, dass eine Überschreitung der 400-Euro Entgeltgrenze durch nicht vorhersehbare und nicht planmäßige Mehrarbeit unschädlich ist. Darüber hinaus wurden von den Sozialversicherungsträgern getroffene Auslegungen aufgenommen, die für die Annahme eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses beim selben Arbeitgeber sprechen.

Die neuen Geringfügigkeits-Richtlinien vom 14. Oktober 2009 finden Sie hier:

 

Neue Verlängerung der Kurzarbeit

Für Kurzarbeit, die im Jahr 2010 beginnt, kann bis zu 18 Monate Kurzarbeitergeld gezahlt werden. Die entsprechende Verordnung wurde am 18. Dezember 2009 im Bundesgesetzblatt verkündet. Ohne den Erlass der neuen Verordnung würde die Bezugsfrist für Kurzarbeit, die im Jahr 2010 beginnt, entsprechend der gesetzlichen Regelung wieder längstens 6 Monate betragen.

Für Betriebe, die mit der Kurzarbeit bis zum Jahresende 2009 begonnen haben, bleibt die bisherige Regelung weiter maßgebend. Diese sieht eine maximale Bezugsfrist von bis zu 24 Monaten vor.

Von der Neuregelung (Bezugszeitraum bis zu 18 Monate) unberührt bleiben die mit dem "Kurzarbeitergeld Plus" und den Konjunkturpaketen der Bundesregierung eingeführten besonderen Erleichterungen. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt danach für die ersten 6 Monate der Kurzarbeit die Hälfte der Sozialabgaben, bei bestimmten Qualifizierungsmaßnahmen sogar von Anfang an ganz. Ab dem 7. Monat der Kurzarbeit werden die Sozialversicherungsbeiträge in vollem Umfang von der Bundesagentur für Arbeit erstattet, wenn der Arbeitgeber in mindestens einem seiner Betriebe ab dem 1. Januar 2009 für 6 Monate Kurzarbeit durchgeführt hat. Diese Erleichterungen sind bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Arbeitgeber müssen danach insbesondere wieder selbst für die Sozialbeiträge auf das Kurzarbeitergeld aufkommen, so wie dies vor der Krise der Fall war.

 

Neue Verordnung 883/2004/EG zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit bei Entsendungen in das EU-Ausland

Das Europäische Parlament hat eine neue Verordnung zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit bei Entsendung in das EU-Ausland, die am 1. Mai 2010 in Kraft tritt, erlassen.

Bedeutendste Veränderung der Verordnung ist, dass Beschäftigte künftig grundsätzlich für einen Zeitraum von 24 Monaten ins EU-Ausland entsandt werden können. Der neue Zeitraum gilt für alle Beschäftigten deren Entsendung nicht vor dem 01.05.2010 beginnt. Diese Regelung gilt ebenso für Selbständige, die für diesen Zeitraum im EU-Ausland tätig werden. Für Beschäftigte, die vor Inkrafttreten der neuen Verordnung ins EU-Ausland entsandt worden sind, bleibt im Rahmen einer Übergangsregelung die alte Verordnung (12 Monate mit anschließender Verlängerungsmöglichkeit bis zu weiteren 12 Monaten) bestehen. Für Entsendungen in die EWR-Staaten (z. B. Norwegen) und in die Schweiz sowie für Drittstaatenangehörige bleiben die Regelungen der bisher geltenden Verordnung (1408/71) weiterhin bestehen. Eine ausführliche Vorstellung der neuen Verordnung, auch aus arbeits- und zivilrechtlicher Sicht, erfolgt mit einer der nächsten Ausgaben des Sozialpolitischen Informationsdienstes.

Die neue Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (Amtsblatt der Europäischen Union) finden Sie hier:

 

Erhöhung der Insolvenzgeldumlage ab 2010

Der Umlagesatz für das Insolvenzgeld wurde per Verordnung mit Wirkung ab 1. Januar 2010 von 0,1 Prozent auf 0,41 Prozent erhöht. Die Insolvenzgeldumlage wird auf das rentenversicherungspflichtige Entgelt der Beschäftigten erhoben. Hintergrund der Erhöhung der Umlage ist die infolge der Wirtschaftskrise stark angestiegene Zahl der Insolvenzen.

Arbeitnehmer erhalten von der Arbeitsagentur Insolvenzgeld im Falle der Insolvenz ihres Arbeitgebers als Ausgleich für offene Entgeltansprüche. Die Umlage haben die Arbeitgeber zusammen mit den Sozialversicherungsbeiträgen an die Krankenkassen abzuführen.

Das Merkblatt 10 "Insolvenzgeld für Arbeitnehmer" der Bundesagentur für Arbeit mit weiteren Informationen zum Thema finden Sie hier:

 

Zuschüsse für Arbeitgeber bei Einstellung schwerbehinderter Menschen

Zur Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze für schwerbehinderte Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt stehen in Bayern zusätzliche Fördermittel in Höhe von 1 Mio. Euro zur Verfügung.

Arbeitgeber erhalten im Programmzeitraum von Juli 2009 bis Juni 2011 deutlich attraktivere Zuschüsse zu den nicht behinderungsbedingten Investitionskosten. Investitionskosten können individuell für jeden neuen Arbeitsplatz gefördert werden; sowohl Ausstattungsgegenstände für einen Büroarbeitsplatz als auch für einen Arbeitsplatz in der Produktion können darunter fallen. Voraussetzung ist insbesondere, dass ein Arbeitsplatz für einen schwerbehinderten Menschen neu geschaffen wird. Wenn ein Betrieb einen schwerbehinderten Menschen einstellen möchte, sollte er sich vor Anschaffung der Arbeitsplatzausstattung an das Integrationsamt wenden. Dort wird er umfassend beraten und kann den erforderlichen Antrag stellen. Einzelheiten dazu mit Ansprechpartner und Formularen unter:

 

Neues Portal zur Gefährdungsbeurteilung - Übersicht der Metall-Berufsgenossenschaften zur Alleinarbeit

Unter www.gefaehrdungsbeurteilung.de bietet die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) seit Mitte August 2009 ihr neues Onlineportal zur Gefährdungsbeurteilung an. Es unterstützt Betriebe bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung, zu der sie das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet. Die BAuA will mit dem Portal insbesondere den Prozess der Gefährdungsbeurteilung transparenter machen und den Zugang zu relevanten Handlungshilfen erleichtern.

Eine Übersicht der Metall-Berufsgenossenschaften gibt Auskunft zur Frage, ob im Betrieb die Sicherheit von allein arbeitenden Personen gewährleistet ist. Gerade auch in kleineren Handwerksbetrieben gibt es immer wieder mal Tätigkeiten, bei denen ein Beschäftigter ohne Sichtverbindung und außer Rufweite zu anderen Personen arbeitet, also auf sich allein gestellt ist. Was passiert, wenn dem Beschäftigten in dieser Situation etwas zustößt, und welche Vorsorge ein Betrieb zu treffen hat, ist der nachstehenden Information der Metall-Berufsgenossenschaften zu entnehmen:

 

"ELENA"-Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises

Seit 01.01.2010 sind Arbeitgeber verpflichtet, monatlich den so genannten multifunktionalen Verdienstdatensatz (MVDS) in elektronischer Form an die zentrale Speicherstelle (ZSS), die bei der Rentenversicherung eingerichtet ist, zu melden. Die Arbeitgebermeldung muss insbesondere folgende Angaben enthalten:

  • Die Versicherungs- bzw. Verfahrensnummer, den Familiennamen, den Vornamen, den Geburtstag und die Anschrift des Beschäftigten,
  • dessen erfasstes Einkommen, den Beschäftigungszeitraum, die Art des Einkommens und die Beitragsgruppen sowie
  • Name und Anschrift des Arbeitgebers und die Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebs.

Die Meldungen im ELENA-Verfahren sind nach dem gleichen Prinzip aufgebaut wie die Meldungen nach DEÜV. Bereits im DEÜV-Verfahren bestehende und bekannte Datenbausteine werden durch neue ELENA-spezifische Datenbausteine ergänzt, so die Deutsche Rentenversicherung Bund.

Wichtig ist, dass der Arbeitgeber die Beschäftigten auf der Entgeltbescheinigung darauf hinzuweisen hat, dass Daten an die zentrale Speicherstelle (ZSS) übermittelt wurden sowie darüber zu informieren hat, dass ein Auskunftsanspruch gegenüber dieser Stelle besteht. Das ELENA-Verfahren zielt darauf ab, die Arbeitgeber bei der Ausstellung von Verdienstbescheinigungen, die Grundlage für die Bewilligung von Sozialleistungen an ihre Beschäftigten sind, zu entlasten. Spätestens ab Januar 2012 sollen einzelne bisherige Papierbescheinigungen entfallen (z. B. Arbeitsbescheinigung und Nebeneinkommensbescheinigung nach dem SGB III, Auskünfte über den Arbeitsverdienst zum Wohngeldantrag sowie Einkommensnachweise nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz).

Nähere Informationen zum ELENA-Verfahren finden Sie hier:

 

Verbesserungen und Fallen für Arbeitgeber im neuen Arbeitnehmererfindungsgesetz

Durch das "Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts" wurde nicht nur das Patentrecht vereinfacht und modernisiert. Zugleich wurde auch das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (AErfG) geändert. Insbesondere wurde die zentrale Vorschrift zur Überleitung der Rechte an einer Arbeitnehmererfindung, reformiert. Die Rechtsänderungen sind mit Wirkung zum 1. Oktober 2009 in Kraft getreten.

 

Gendiagnostik im Arbeitsleben

Das Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz - GenDG) vom 21. Juli 2009 ist am 1. Februar 2010 in Kraft getreten. Es enthält vor allem ein umfassendes Verbot der Anordnung und Verwertung genetischer Untersuchungen im Arbeitsleben mit Ausnahme bestimmter arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen sowie ein arbeitsrechtliches Benachteiligungsverbot.