Sozialpolitischer Informationsdienst Ausgabe 4/2010

Vergütung an Feiertagen, Arbeitszeitregelung und Gewährung von Gratifikationen an Weihnachten und Neujahr 2010/2011

Hinweise zu wichtigen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Weihnachten und Neujahr 2010/2011 sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengestellt. Tarifliche Besonderheiten sind jeweils zu berücksichtigen.

 

Abstimmung des Europäischen Parlaments vom 20.10.2010 zur Mutterschutzrichtlinie

Das Europäische Parlament hat am 20.10.2010 über die überarbeitete Richtlinie 92/85/EWG über die „Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz“ (Mutterschutzrichtlinie) abgestimmt. Das Parlament hat die gegenüber dem Kommissionsvorschlag geänderte Textfassung mit großer Mehrheit angenommen. Zur Länge des Mutterschutzes von 20 Wochen ergab sich allerdings nur eine sehr knappe Mehrheit von 327 zu 320 Stimmen. Die wichtigsten Punkte der Abstimmung sind: Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs (Mutterschutzfristen) von 14 auf 20 Wochen, Kündigungsschutz bis 6 Monate nach Ende des Mutterschaftsurlaubs und zweiwöchiger voll bezahlter Vaterschaftsurlaub.

Weitere Schritte im Gesetzgebungsverfahren:

Über die Mutterschutzrichtlinie beschließen das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union nach Artikel 157 Abs. 3 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) in Form des sog. ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens. Es gilt das sog. Mitentscheidungsverfahren nach Artikel 294 AEUV. In den kommenden Wochen wird sich nun der Rat der Europäischen Union (in Form des EPSCO-Rates – Ministerrat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz) mit dem Vorschlag der Kommission und dem Standpunkt des Parlaments befassen.

Insofern ist wichtig, dass die Bundesregierung die geplante Revision der Mutterschutzrichtlinie – ebenso wie der BHT – aus inhaltlichen Gründen und aufgrund der daraus resultierenden finanziellen Mehrbelastungen ablehnt. Nach Auffassung der Bundesregierung sind die geplanten Änderungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes weder geboten noch zu rechtfertigen. Auch die Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Frau Christine Haderthauer, MdL, hat gegenüber dem BHT mit Schreiben vom 21.10.2010 bekräftigt, dass sie den geplanten Änderungen ablehnend gegenübersteht.

Der BHT wird sich auch im weiteren EU-Gesetzgebungsverfahren entschieden gegen die geplanten Änderungen zur Wehr setzen.

BHT hat auf seiner Mitgliederversammlung am 21.10.2010 eine Entschließung zur geplanten Revision der Mutterschutzrichtlinie verabschiedet.

Die vom Europäischen Parlament gebilligten Änderungen finden Sie hier:

 

BAG zur Kleinbetriebsregelung des Kündigungsschutzgesetzes: Keine automatische Zusammenrechnung der Arbeitnehmer mehrerer Kleinbetriebe eines Unternehmers

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 28.10.2010 – 2 AZR 392/08 – zur Kleinbetriebsregelung des § 23 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KschG) entschieden, dass die Arbeitnehmer mehrerer Kleinbetriebe eines Unternehmers nicht automatisch zusammengerechnet werden, wenn es sich tatsächlich um organisatorisch hinreichend verselbstständigte Einheiten und deshalb um selbstständige Betriebe handelt.

Im Streitfall beschäftigte der Arbeitgeber an seinem Sitz in Leipzig mindestens 8, an seinem Standort in Hamburg 6 Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber kündigte im März 2006 einen in Hamburg tätigen Arbeitnehmer. Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers wegen unzureichender Sozialauswahl stattgegeben. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen entschied das BAG, dass es aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten ist, beide Betriebsstätten auch dann als einheitlichen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne anzusehen, wenn sie organisatorisch selbstständig sind. Der Rechtsstreit wurde an das Landesarbeitsgericht zu weiteren Feststellungen zurückverwiesen.

 

Sozialversicherungsdaten 2011

Das Bundeskabinett hat am 13.10.2010 den Entwurf der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2011 beschlossen und dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet.

Der Entwurf sieht die Festlegung der Beitragsbemessungsgrenzen für die einzelnen Versicherungszweige der Sozialversicherung sowie der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Hierbei verringern sich die Grenzen für die Kranken- und Pflegeversicherung erstmals gegenüber dem Vorjahr. Daneben wird die Bezugsgröße der Sozialversicherung für 2011 bestimmt, die für die Berechnung des Pflichtbeitrages für selbstständige Handwerkerinnen und Handwerker in der Rentenversicherung maßgebend ist.

 

Sachbezugswerte 2011

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 5.11.2010 beschlossen, dem Entwurf der Dritten Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zuzustimmen. In der Verordnung werden die Beiträge für freie Unterkunft und Verpflegung, die im Steuer- und Sozialrecht für das Jahr 2011 anzusetzen sind, neu festgesetzt.

Der Monatsbetrag für freie Verpflegung steigt auf 217 Euro. Der Teilbetrag von 47 Euro für Frühstück bleibt unverändert. Für Mittag- und Abendessen steigt der Betrag um jeweils 1 Euro auf 85 Euro. Hieraus errechnet sich für ein unentgeltlich oder verbilligt gewährtes Mittagessen ein täglicher Wert von 2,83 Euro.

Für freie Unterkunft beträgt der anzusetzende Sachbezugswert 206 Euro. Sofern eine abgeschlossene Wohnung oder ein Apartment zur Verfügung gestellt wird, ist weiterhin der ortsübliche Mietpreis als geldwerter Vorteil zu versteuern und in der Sozialversicherung zu verbeitragen. Lässt sich dieser nicht oder nur mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten ermitteln, soll je Quadratmeter ein Betrag von 3,59 Euro, bei einfacher Ausstattung der Wohnung (ohne Sammelheizung oder Bad oder Dusche) von 2,91 Euro angesetzt werden.