Arbeitnehmerüberlassung: Für Handwerksbetriebe wichtige Gesetzesänderungen.
In diesem Jahr sind zwei Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in Kraft getreten. Auf Betriebe, die Leiharbeitnehmer beschäftigen, kommen u. a. neue Meldevorschriften und Pflichten zu. Im Folgenden sind die wesentlichen Änderungen für Handwerksbetriebe zusammengefasst.
Zum 30. April 2011 sind mit dem „Ersten Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes“ (BGBl. I 2011, S. 642) insbesondere eine sog. „Drehtürklausel“ und die rechtliche Möglichkeit, in der Zeitarbeitsbranche eine Lohnuntergrenze festzusetzen, in Kraft getreten.
„Drehtürklausel“
Durch die „Drehtürklausel“ soll der missbräuchliche Einsatz von Leiharbeit vermieden werden. Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer zu einem neuen Arbeitgeber (Verleiher) wechseln und von diesem beim vorhergehenden Arbeitgeber (Entleiher) als Leiharbeitnehmer, z. B. zu einem niedrigeren Entgelt als bisher, eingesetzt werden. Dieses Verfahren wurde vom Gesetzgeber durch die Drehtürklausel zwar nicht verboten, jedoch wirtschaftlich unattraktiv gemacht. Denn Leiharbeitnehmer müssen nun nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz („equal treatment“) behandelt werden. Das heißt, der Leiharbeitnehmer hat für die Überlassungszeit Anspruch auf die im entleihenden Betrieb für dessen Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts. Dies gilt jedoch nur für (Leih-) Arbeitsverhältnisse, die ab dem 15. Dezember 2010 geschlossen wurden und bei denen der Arbeitnehmer in den letzten 6 Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem ausgeschieden ist.
Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche
§ 3 a AÜG sieht vor, dass bundesweit tarifliche Mindeststundenentgelte im Bereich der Zeitarbeitsbranche durch eine Rechtsverordnung als Lohnuntergrenze verbindlich festsetzbar sind. Die Mindestlohntarifverträge der Zeitarbeitsbranche sehen ab 1. Mai 2011 ein Mindestentgelt in Höhe von 7,79 Euro brutto pro Stunde in den alten Bundesländern und 6,89 Euro brutto pro Stunde in den neuen Bundesländern. Zum 1. November 2011 steigt das Mindestentgelt pro Stunde auf 7,89 Euro brutto (alte Bundesländer) bzw. 7,01 Euro brutto (neue Bundesländer). Die Festsetzung des Mindestlohns als verbindliche Lohnuntergrenze durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales steht noch aus.
Informationspflicht des Entleihers
Zum 1. Dezember 2011 tritt im Rahmen des „Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes“ eine Informationspflicht des Entleihers über freie Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, in Kraft. Leiharbeitnehmer sind an geeigneter und zugänglicher Stelle im Betrieb (z. B. durch Aushang) über freie Stellen im Betrieb zu informieren. Unterbleibt die Information oder ist sie unrichtig oder nicht vollständig, kann dies mit einem Bußgeld geahndet werden.
Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und –diensten für Leiharbeitnehmer
Der Entleiher hat den Leiharbeitnehmern Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen oder –diensten (z. B. Kinderbetreuungseinrichtungen, Pausenräume, Gemeinschaftsverpflegung) im Betrieb zu gewähren, wie vergleichbaren Arbeitnehmern in dem Betrieb. Diese Regelung tritt ebenfalls zum 1. Dezember 2011 in Kraft. Wird der Zugang durch den Entleiher nicht gewährt, droht auch hier ein Bußgeld.
AÜG gilt auch bei „nicht gewerbsmäßiger“ Arbeitnehmerüberlassung
Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit überlassen, bedürfen der Erlaubnis. Ab dem 1. Dezember 2011 kommt es nicht mehr darauf an, ob die Arbeitnehmerüberlassung gewerbsmäßig erfolgt oder nicht.
Ausnahmen von der Erlaubnispflicht
Nach dem neu eingefügten § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG besteht keine Erlaubnispflicht, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Diese Regelung kommt auch dem Handwerk zugute. Da Ausnahmevorschriften wie diese im Allgemeinen eng auszulegen sind, sollten Betriebe diese nicht überdehnen.
Kontrolle durch Zollbehörden
Um die entsprechenden Arbeitgeberpflichten aus dem „Ersten Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes“ einer effektiven Kontrolle zu unterwerfen, gibt es ein weiteres Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (BGBl. I 2011, S. 1506). Dieses ist am 30. Juli 2011 in Kraft getreten. Die Behörden der Zollverwaltung werden durch die Gesetzesänderung mit den erforderlichen Kontrollbefugnissen ausgestattet, um die Einhaltung der Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung wirksam überprüfen zu können. Eine entsprechende Prüfung von Arbeitsbedingungen obliegt den Zollbehörden bereits im Rahmen des Arbeitnehmerentsendegesetzes. Für die Durchführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, insbesondere für die Erteilung von Erlaubnissen zur Arbeitnehmerüberlassung, bleibt jedoch weiterhin die Bundesagentur für Arbeit zuständig.
Meldepflicht der Betriebe
Ebenfalls am 30. Juli 2011 ist eine Meldepflicht für grenzüberschreitend nach Deutschland überlassene Leiharbeitnehmer in Kraft getreten. Alle inländischen Betriebe, die grenzüberschreitend nach Deutschland überlassene Leiharbeitnehmer einsetzen, müssen vor Beginn jeder Überlassung den Behörden der Zollverwaltung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache mit bestimmten Inhalten zuleiten. Hierzu gehören u. a. Name und Geburtsdatum des überlassenen Leiharbeitnehmers, Beginn und Dauer der Überlassung und Ort der Beschäftigung, § 17b AÜG. Ebenso hat der Entleiher der Anmeldung eine Versicherung des Verleihers beizufügen, dass dieser das festgesetzte Mindeststundenentgelt zahlt. Ferner ist der Betrieb, der Leiharbeitnehmer einsetzt, verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit des Leiharbeitnehmers aufzuzeichnen und diese mindestens 2 Jahre aufzubewahren, sofern die Mindestlohnverordnung Anwendung findet.
Verleiher sind verpflichtet, die für die Kontrolle der Mindestlohnverordnung erforderlichen Unterlagen für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung des Leiharbeitnehmers in deutscher Sprache für 2 Jahre bereitzuhalten.
Links zum Gesetzestext:
Erstes Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Weiterführende Links:
Oktober 2011