Handwerkskammer vor Ort 2002 : Fit fürs Rating

5. Juni 2002

Für das in der Regel eigenkapitalschwache Handwerk ist die ausreichende Versorgung mit zinsgünstigen Krediten eine Frage von existenzieller Bedeutung. In der Folge von Basel II müssen Handwerksbetriebe damit rechnen, dass die Kreditvergabe in der Zukunft noch restriktiver gehandhabt wird. Auf der Auftaktveranstaltung der diesjährigen Veranstaltungsreihe der Handwerkskammer für München und Oberbayern "Handwerkskammer vor Ort" am 5. Juni 2002 in München bekamen die Handwerker im voll gefüllten Großen Saal der Handwerkskammer wertvolle Informationen zum Thema "Fit fürs Rating - so sind Sie für zukünftige Kreditverhandlungen gerüstet". Handwerkskammerpräsident Heinrich Traublinger, MdL, machte deutlich, dass Schwierigkeiten bei der Finanzierung im Handwerk angesichts einer im Allgemeinen schwachen Eigenkapitalbasis ein Dauerthema sei. Die Probleme der kleinen und mittleren Betriebe bei der Kapitalbeschaffung fänden jedoch in der Regel wenig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Die aktuelle Konjunkturschwäche führe in vielen Betrieben zu Liquiditätsengpässen. Die Banken reagierten auf die schwierige Lage in den Betrieben zunehmend risikoscheu. Traublinger: "Für Betriebe, die Probleme haben, wird es immer schwieriger, Kredite zu bekommen." Und schließlich sorgten neue internationale Regelungen für Verunsicherung und zusätzlichen Druck im deutschen Markt, so Traublinger. Er nannte als Beispiele den Wegfall der Gewährträgerhaftung für Landesbanken und Sparkassen sowie natürlich Basel II. Gerade Basel II werfe seine Schatten voraus. Darauf müsse das Handwerk rechtzeitig reagieren, wenn es sich am Markt behaupten wolle. Denn eine Verteuerung der Fremdkapitalzinsen würde die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks in Deutschland besonders empfindlich treffen.
Traublinger: "Hier sehe ich natürlich auch ein politisches Problem. Der Mittelstand ist in Deutschland nach wie vor die Melkkuh für unseren Sozialstaat und die öffentlichen Kassen."
Den Betrieben bleibe von ihrem verdienten Geld zu wenig, um die Eigenkapitalbasis zu stärken. Dies müsse gerade in einem Wahljahr thematisiert werden. Traublinger: "Wir brauchen eine deutliche Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe von Steuern und Abgaben." Es bedürfe einer spürbaren Rückführung des gesamten Einkommensteuertarifs bis hin zur Senkung des Spitzensteuersatzes sowie einer Reduzierung der wettbewerbsverzerrenden und mittelstandsfeindlich ausgestalteten Ökosteuer. Höchste Priorität hätten darüber hinaus tiefgreifende Reformen unseres Sozialversicherungssystems, um endlich deutliche Entlastungen bei den beschäftigungsfeindlichen und für die Betriebe existenzgefährdenden Lohnzusatzkosten zu erreichen. 
Der Leiter der Abteilung "Betriebswirtschaftliche Fördermaßnahmen" in der Handwerkskammer Dr. Christian Glas sowie Herbert Damaske vom Sparkassenverband zeigten Lösungswege auf, wie sich Handwerksbetriebe auf die neuen Bonitätsprüfungsverfahren der Banken einstellen können. Glas machte deutlich, dass die Kernaussage von Basel II einfach sei: Je schlechter das Rating eines Handwerksbetriebes ausfalle, desto mehr Eigenkapital der Hausbank werde für einen Kredit gebunden. Entsprechend teurer werde dann der Kredit. Die Folgen von Basel II seien klar: Banken werden zukünftig noch stärker wie bisher zwischen "guten" und "schlechten" Kunden unterscheiden, also eine Risikoselektion vornehmen. Entsprechend werde es dann auch eine stärkere Konditionenspreizung geben. Das bedeute: Für "sehr gute" Kunden werden Kredite etwas preiswerter, für im Rating-Prozess schlecht beurteilte Betriebe jedoch werden die Zinsen erheblich angehoben werden. Nach Schätzungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau werden sich die Kredite für einen typischen Mittelständler um ca. 1,5 Prozentpunkte verteuern. Die anschließende Moderation der Veranstaltung übernahm der stellvertretende Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Semper. Wie schon in den erfolgreichen Veranstaltungen der vergangenen vier Jahre, gab und gibt es auch in diesem Jahr bei "Handwerkskammer vor Ort 2002" nach München, in Rosenheim (6. Juni), Ingolstadt (17. Juni), Traunstein (18. Juni), Weilheim (19. Juni) und Altötting (20. Juni) für die anwesenden Handwerker die Möglichkeit, mit den Fachleuten der Handwerkskammer zu diskutieren.