Präsident Georg Schlagbauer
Handwerkskammer für München und Oberbayern
Präsident Georg Schlagbauer

Handwerkskonjunktur auf hohem Niveau

Handwerkskonjunktur weiterhin auf hohem Niveau
Schlagbauer: "Aufschwung trägt sich momentan selbst"

21. Juli 2015

"Das bayerische Handwerk profitiert weiterhin von günstigen Rahmenbedingungen. Die kräftig anziehenden Einkommen in Verbindung mit einem boomenden Arbeitsmarkt und niedrigen Zinsen schaffen Kaufanreize für Verbraucher und Gewerbekunden. Der Aufschwung trägt sich momentan selbst", erklärte Georg Schlagbauer, Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT), bei der Vorstellung der neuesten Konjunkturzahlen. Gleichwohl werde es immer schwieriger, das mittlerweile erreichte Niveau zu übertreffen, so Schlagbauer weiter.

Die Geschäftslage im 2. Quartal 2015 bewerteten 90 Prozent der befragten Handwerksbetriebe mit gut oder befriedigend. Damit liegt der wichtigste Stimmungsindikator auf Vorjahresniveau. Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung der Handwerksbetriebe im Freistaat betrug im Berichtszeitraum 80 Prozent (Vergleichsquartal: 80 Prozent) und bewegte sich damit knapp unter dem 20-Jahreshoch. Für das 3. Quartal erwarten 90 Prozent der Handwerksbetriebe eine gute oder befriedigende Geschäftslage. Dies entspricht dem Vorjahresquartal und untermauert den nach wie vor großen Optimismus im Handwerk.

Die Auftragsreserven der Betriebe im Freistaat hat sich im 2. Quartal 2015 gegenüber dem Vorjahresquartal von 7,8 auf 7,7 Wochen verringert, liegen aber weiterhin deutlich über dem Mittelwert der letzten Dekade. Angesichts der sich belebende Nachfrage dürften die Reserven im Sommer wieder zunehmen. Nach ersten Schätzungen hat das bayerische Handwerk im 2. Quartal 24,9 Milliarden Euro Umsatz erzielt. Dies entspricht einem nominalen Zuwachs von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ende Juni waren im bayerischen Handwerk rund 902.800 Personen in Handwerksunternehmen tätig, ebenso viele wie vor zwölf Monaten. Die Investitionsneigung der bayerischen Betriebe ging im Berichtszeitraum leicht zurück. Im 2. Quartal 2015 investierten 31 Prozent der Umfrageteilnehmer in neue Maschinen oder Fahrzeuge (minus zwei Punkte im Vergleich zum Vorjahr). Das Investitionsvolumen lag bei ca. 780 Millionen Euro, zwei Prozent mehr als im 2. Quartal 2014. Die Zahl der Mitgliedsbetriebe sank im Berichtszeitraum um 0,1 Prozent auf gut 201.500. Für das Gesamtjahr 2015 wird für das bayerische Handwerk beim Umsatz mit einem nominalen Plus von zwei Prozent gerechnet. Die Beschäftigung dürfte im Jahresdurchschnitt stabil bleiben (plus 0,1 Prozent). Bei den Investitionen wird ein Anstieg von 3,5 Prozent erwartet. Die Zahl der Betriebe dürfte um etwa ein Prozent zurückgehen.

"Ich bin jetzt knapp ein dreiviertel Jahr im Amt und durfte mich in dieser Zeit bereits mit vielen Themengebieten befassen, die das Handwerk beeinflussen. Leider scheint der Politik nicht immer klar zu sein, dass ihre Entscheidungen weitreichendere Folgen haben, als sie denken, auch und gerade in Bezug auf das Handwerk", erklärte der BHT-Präsident. Die Erbschaftsteuer sei so ein Fall. Schlagbauer: "Die anstehende Reform entscheidet die wirtschaftliche Zukunft unseres Wirtschaftsbereichs wesentlich mit. Kommt es so, wie vom Bundeskabinett vorgesehen, würden deutlich weniger Handwerksbetriebe von der Erbschaftsteuer verschont, als bisher." Die Grenze, bei der Betriebe von der Erbschaftssteuer freigestellt werden, liegt nach den Regierungsentwurf bei drei Beschäftigten. Sie muss dringend auf mindestens fünf Vollzeitäquivalente angehoben werden", forderte der BHT-Präsident. Im Arbeitsrecht beispielsweise gelten Kleinbetriebsregelungen mindestens ab fünf Beschäftigten. Für Betriebe zwischen sechs und 20 Beschäftigten sollte darüber hinaus eine weitergehende Lohnsummenregelung greifen. Schlagbauer: "Hier muss im Interesse unserer Familienbetriebe noch nachverhandelt und der bürokratische Aufwand reduziert werden!"

Auch bei der politischen und rechtlichen Bewertung der Flüchtlingssituation stehen wichtige Weichenstellungen an. Viele Betriebe würden gerne junge Leute aus Syrien oder Afghanistan ausbilden, berichtete der BHT-Präsident. Dafür müsse jedoch die Praktikabilität während der Ausbildung verbessert werden. "Dass die Duldung künftig für Asylbewerber, die eine Lehre absolvieren, immer für jeweils ein Jahr erteilt wird, ist zwar eine kleine Verbesserung, bringt unsere Betriebe aber nicht groß weiter. Sie können nicht extra eine Bürokraft einstellen, die sich fast ausschließlich um die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigungen kümmert, wie das Großkonzerne machen", kritisierte Schlagbauer.

Der BHT-Präsident befürchtet, dass Handwerksfirmen bei Infrastrukturmaßnahmen wie dem Straßenbau künftig weitgehend außen vor bleiben werden. So sind z.B. die Losgrößen bei ÖPP-Ausschreibungen oftmals so groß bemessen, dass Handwerksbetriebe nicht mehr zum Zug kommen. Schlagbauer: "In der Regel bekommen beim Bau Generalunternehmer den Zuschlag, die mit Subunternehmern arbeiten. Für einheimische Betriebe ist es kaum mehr möglich, zu auskömmlichen Preisen anzubieten, mit der Billigkonkurrenz als Gegner. Hier muss die Politik schleunigst einschreiten, sonst stehen Arbeits- und Ausbildungsplätze auf dem Spiel."

Unfaire Konkurrenz droht dem Handwerk aber auch von ortsansässigen kommunalen Betrieben bzw. kommunalen Regiebetrieben. Das Bayerische Finanzministerium hat 2014 im Auftrag einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Gesetzentwurf für den neuen § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) vorgelegt. Die geplante Vorschrift zielt darauf ab, kommunale Beistandsleistungen von der Umsatzsteuer zu befreien. Der Entwurf ermöglicht es der öffentlichen Hand, marktrelevante Tätigkeiten im Bereich der öffentlichen Infrastruktur steuerlich privilegiert und zulasten privater Wettbewerber weiter auszudehnen. Der BHT-Präsident: "Dies führt zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung auf Kosten des Handwerks."

Jens Christopher Ulrich

Stabsstellenleiter, Pressesprecher

Max-Joseph-Straße 4

80333 München

Telefon 089 5119-122

Fax 089 5119-129

jens-christopher.ulrich--at--hwk-muenchen.de