Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl (rechts) und Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Semper (links) mit dessen Nachfolger ab 2018, Dr. Frank Hüpers.
Handwerkskammer für München und Oberbayern
Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl (rechts) und Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Semper (links) mit dessen Nachfolger ab 2018, Dr. Frank Hüpers.

Peteranderl: "EU-Dienstleistungskarte muss von der Tagesordnung"Vollversammlung der Handwerkskammer

26. Juni 2017

„In Wahljahren sind die Ohren unserer Politiker immer etwas weiter geöffnet als üblich und das werden wir nutzen“, sagte Präsident Franz Xaver Peteranderl vor der Vollversammlung der Handwerkskammer am 26. Juni in München. Er forderte „eine Entlastung bei der Einkommensteuer, die ihren Namen auch verdient. Der Abbau der kalten Progression im Einkommensteuertarif hat höchste Priorität. Der Mittelstandsbauch muss beseitigt werden. Der Solidaritätszuschlag gehört abgeschafft.“ Weiter berichtete Peteranderl von der erfolgreichen Interessenvertretung der Handwerksorganisationen zum Dienstleistungspaket der EU-Kommission. Dabei wurden wichtige Verbesserungen für das Handwerk erreicht: So bleibt der nationale Gesetzgeber auch weiterhin dafür zuständig, ob und wie ein Beruf reglementiert wird. Ferner wurde klargestellt, dass eine Pflichtmitgliedschaft in Kammerorganisationen aus überwiegenden Allgemeinwohlbelangen verhältnismäßig ist. Außerdem wurde festgelegt, dass bei künftigen Änderungen der nationalen Aus- und Fortbildungsordnungen kein Verhältnismäßigkeitstest durchgeführt werden muss. Peteranderl: „Alles in allem können wir mit den Ergebnissen zufrieden sein. Im anstehenden Dialog mit dem europäischen Parlament werden wir trotzdem wachsam bleiben und jeden Schritt aufmerksam verfolgen. Entscheidend wird auch noch sein, dass das Vorhaben der elektronischen Dienstleistungskarte endgültig von der Tagesordnung genommen wird.“

Diesel-Einfahrverbot wäre für Betriebe fatal

Mit Blick auf das Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz, mit dem die Renten in Ost- und Westdeutschland einander angeglichen werden, kritisierte der Kammerpräsident, dass die Beitragszahler einen großen Teil der Kosten der Rentenangleichung finanzieren müssen. „Dabei handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die ausschließlich aus Steuermitteln finanziert werden muss.“ Zum diskutierten Diesel-Einfahrverbot in der Landeshauptstadt erklärte Peteranderl: „Das wäre für unsere Betriebe fatal. 31 Prozent der Münchner Handwerker sehen sich dadurch in ihrer Existenz bedroht. Statt eines Verbots müssen geeignete Alternativen, zum Beispiel im Bereich der Elektromobilität, entwickelt werden. Zudem ist ein Ausbau des ÖPNV notwendig.“

Weiter berichtete der Kammerpräsident von Nachbesserungen beim LEP. „Bei der Landtagsanhörung zum Kabinettsentwurf haben wir unsere Bedenken noch einmal sehr deutlich dargelegt. Mit Erfolg: Gewerbe- oder Industriegebiete an Autobahnen und großen Bundesstraßen dürfen nur noch dann geplant werden, wenn sie „das Orts- und Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigen.“ Zum anderen darf kein geeigneter, bereits angebundener Alternativstandort vorhanden sein.“

Bessere Berufsorientierung an allen Schularten gefordert

Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Semper machte in seiner Rede deutlich, dass das Handwerk den Wettbewerb mit den Hochschulen um den Berufsnachwuchs annehme: „Wir brauchen leistungsbereite, ehrgeizige Talente, die bei uns mitmachen. Im Handwerk kann man was, im Handwerk lernt man was und im Handwerk erreicht man was!“ Semper hob in diesem Zusammenhang besonders die vielfach ausgezeichnete „Macher-Kampagne“ des bayerischen Handwerks hervor, die sich durch eine direkte Ansprache der Jugendlichen über die sozialen Medien auszeichnet: „Auf diese Weise gewinnen wir die Aufmerksamkeit der Jugendlichen. Der nächste Schritt müssen detaillierte Informationen zu den Karrieremöglichkeiten im Handwerk sein. Deshalb treten wir seit langem für eine bessere Berufsorientierung an allen Schularten ein.“ Einen wichtigen Impuls erhofft sich Semper vom Berufsabitur, das ab dem Schuljahr 2017/18 erprobt wird und eine handwerkliche Ausbildung mit dem Abitur verknüpft. Dafür erhalten die Teilnehmer parallel zur Ausbildung an der Berufsschule Zusatzunterricht. Nach drei Jahren verfügen sie nach erfolgreichem Abschluss über den Gesellenbrief und die Fachhochschulreife. Mit einem zusätzlichen vierten Jahr an der Berufsoberschule kann sogar noch die fachgebundene bzw. die allgemeine Hochschulreife erworben werden. Semper: „Dieses Modell ist aus meiner Sicht ein echter ‚Kick-Starter‘ für die Karriere und eröffnet alle Möglichkeiten für das weitere Berufsleben.“

Weiter forderte Semper eine Aufstockung des Digitalbonus': „Damit wird beispielsweise die Entwicklung IT-basierter Produkte und Dienstleistungen, der Ausbau von IT-Sicherheit sowie die Anpassung von IT-Anwendungen gefördert. Bisher wurde rund jeder vierte Antrag von einem Handwerksbetrieb gestellt.“ Da die Mittel für das laufende Jahr bereits ausgeschöpft wurden, seien zusätzliche Mittel dringend erforderlich. Semper: „Angesichts der rasanten technologischen Entwicklung dürfen wir uns keinen monatelangen Stilstand erlauben.“

Dr. Frank Hüpers neuer Hauptgeschäftsführer ab 2018

Bei ihrer Zusammenkunft wählte die Vollversammlung den stv. Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Hüpers (56) zum Nachfolger von Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Semper, der zum 31.12.2017 in den Ruhestand geht. Hüpers ist gebürtiger Oldenburger, verheiratet und Vater von drei Kindern. Er studierte Jura an der Universität München und legte dort auch das erste und zweite Staatsexamen ab. Nach seiner Promotion an der Universität Augsburg trat er 1994 ins Bayerische Wirtschaftsministerium ein. Dort war er u.a. maßgeblich am Entwurf des Freistaats zur Novellierung der Handwerksordnung beteiligt. Die Vorlage Bayerns sorgte dafür, dass im Vermittlungsausschuss noch Verbesserungen zugunsten des Handwerks erreicht werden konnten und der Meistervorbehalt in verschiedenen Berufen erhalten blieb. 2008 wechselte Hüpers in die Handwerkskammer für München und Oberbayern, wo er zunächst zum Geschäftsführer und 2009 dann zum stv. Hauptgeschäftsführer bestellt wurde. Seit 2009 ist Hüpers außerdem Geschäftsführer des Bayerischen Handwerkstages (BHT), der Spitzenorganisation des Bayerischen Handwerks.

 Ansprechpartner

Jens Christopher Ulrich

Stabsstellenleiter, Pressesprecher

Telefon 089 5119-122

Fax 089 5119-129

jens-christopher.ulrich--at--hwk-muenchen.de