Handwerkskammer für München und Oberbayern
Franz Xaver Peteranderl

Bayerisches Handwerk zum Jahresauftakt ohne SchwungPeteranderl: „Deutschlands Wachstumsschwäche darf nicht zum Dauerbrenner werden“

30. April 2025

Das bayerische Handwerk ist ohne Schwung ins Jahr gestartet. „Das Milliardenpaket für Verteidigung und Infrastruktur kann zwar die dringend benötigten Wachstumsimpulse für die Wirtschaft liefern. Praktisch dürften sich diese aber frühestens gegen Ende des zweiten Halbjahres bemerkbar machen“, betont Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT). Besonders im Bereich der Infrastruktur seien umfangreiche Planungen und der Aufbau zusätzlicher personeller Kapazitäten in den ausführenden Unternehmen erforderlich, so Peteranderl: „Die wirtschaftliche Erholung in Deutschland steht generell auf wackeligen Beinen. Die von den USA verhängten Strafzölle wirken sich zusätzlich negativ auf die Einstellungs- und Investitionspläne der Firmen aus.“

Die wirtschaftliche Lage im Handwerk bleibt weiterhin herausfordernd. Das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe haben die Krise im Wohnungsbau noch nicht überwunden und auch die handwerklichen Zulieferbetriebe befinden sich gemeinsam mit der Industrie in einem konjunkturellen Tal. Das Konsumklima stabilisierte sich zwar zuletzt auf niedrigem Niveau, aber eine spürbare Entlastung für die Betriebe der verbrauchernahen Gewerke bedeutet dies noch nicht. 78 Prozent der bayerischen Handwerksbetriebe beurteilten ihre Geschäftslage im 1. Quartal 2025 als gut oder befriedigend. Das sind 3 Punkte weniger im Vorjahresvergleich. Die durchschnittliche Auslastung der Betriebe sank im Berichtszeitraum trotz Personalabbaus um 3 Punkte auf 75 Prozent. Bis auf das Gesundheitshandwerk wurden alle Branchen von dem Rückgang erfasst. Die schwache Nachfrage ist auch der Hauptgrund dafür, dass die Auftragsbestände im bayerischen Handwerk bereits seit Ende 2022 kontinuierlich zurückgehen. Im 1. Quartal hatten die Handwerksbetriebe im Freistaat durchschnittlich Aufträge für 8,5 Wochen in ihren Büchern. Damit lagen sie 0,2 Wochen unter dem Vorjahreswert. Positiv ist jedoch, dass sich der Rückgang verlangsamt.

Ende März lag der Anteil der Handwerksbetriebe, die gestiegene Einkaufspreise verzeichneten, bei 54 Prozent und damit 3 Punkte über dem des Vorjahres. Auch vor dem Hintergrund des Handelskonflikts ist nicht zu erwarten, dass der immer noch vorhandene Preisdruck in absehbarer Zeit nachlassen wird. 53 Prozent der befragten Betriebe rechnen in den kommenden Monaten mit höheren Einkaufspreisen. Das sind 10 Punkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Die gestiegenen Kosten über höhere Verkaufspreise zumindest teilweise weiterzugeben, gelang im Berichtszeitraum nur 32 Prozent der Handwerksunternehmen (keine Veränderung im Vergleich zum Vorjahr).

Umsätze weiter rückläufig

Die Umsätze im bayerischen Handwerk entwickelten sich im Berichtszeitraum schwach. Bis auf das Bauhauptgewerbe schätzten alle Handwerksgruppen ihre Umsatzsituation im 1. Quartal schlechter ein als vor einem Jahr. 39 Prozent berichteten von gesunkenen Umsätzen, 3 Punkte mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Nach BHT-Schätzungen setzte das bayerische Handwerk in den ersten 3 Monaten des Jahres 31 Milliarden Euro um. Das ist ein nominaler Rückgang von 2 Prozent. Nach Abzug der Preissteigerung dürfte das reale Minus bei rund 5 Prozent liegen.

Die schwache Konjunkturentwicklung droht den mühsam errungenen Beschäftigungszuwachs der 2010er-Jahre wieder zunichtezumachen: Im 1. Quartal vermeldeten 10 Prozent der Befragten ein Plus bei der Beschäftigung, während 22 Prozent mit weniger Mitarbeitenden auskommen mussten. Beide Werte lagen in etwa auf Vorjahresniveau. Nach ersten Schätzungen waren Ende März rund 942.300 Menschen im bayerischen Handwerk tätig – rund 1 Prozent weniger als vor einem Jahr. Selbst bei anziehender Konjunktur dürfte ein Beschäftigungsaufbau aufgrund der demographischen Entwicklung in den kommenden Jahren nur schwer möglich sein. Positiv entwickelte sich dagegen die Investitionsneigung: Sie lag im Berichtszeitraum bei 40 Prozent und damit 3 Punkte über dem Vorjahreswert. Die Zahl der bayerischen Handwerksbetriebe kletterte bis Ende März um 0,8 Prozent auf 212.000.

Ran an die strukturellen Probleme

Der Ausblick für den weiteren Jahresverlauf gestaltet sich äußerst schwierig. Die Zollankündigungen der US-Administration erfolgten erst nach Abschluss der Umfrage und sind demzufolge höchstens ansatzweise in den Einschätzungen der Handwerksbetriebe enthalten. Ende März erwarteten 84 Prozent der Befragten in den kommenden Monaten eine verbesserte oder gleichbleibende Geschäftslage – ein Plus von 2 Punkten. Ein nominales Umsatzwachstum ist für das Gesamtjahr nur unter besonders positiven Umständen möglich. Rechnet man die Preissteigerung heraus, dürfte auch 2025 mit realen Umsatzeinbußen für das Handwerk im Freistaat enden. Ebenso droht ein weiterer Beschäftigungsabbau.

„Die nach unten korrigierte Frühjahrsprognose zeigt deutlich den wirtschaftlichen Ernst der Lage in unserem Land. Die neue Bundesregierung muss schnell an die tiefsitzenden strukturellen Probleme ran. Union und SPD dürfen nicht zulassen, dass Deutschlands Wachstumsschwäche zum Dauerbrenner wird“, mahnt Peteranderl. Der Koalitionsvertrag enthält aus Sicht des BHT-Präsidenten einige nützliche Werkzeuge, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Standort wieder attraktiver zu machen: „Der Infrastrukturfonds muss noch in der ersten Jahreshälfte kommen. Mittelständische Handwerksbetriebe dürfen bei der Auftragsvergabe nicht benachteiligt werden.“ Die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten müssen schnell kommen und die ersten Schritte beim Bürokratieabbau zügig umgesetzt werden. Peteranderl macht aber auch deutlich, dass die Regierungskoalition ihren Werkzeugkasten vergrößern muss: „Um die Binnennachfrage anzukurbeln, bedarf es einer schnelleren Entlastung bei der Einkommensteuer als im Koalitionsvertrag vorgesehen.“ Außerdem fordert das bayerische Handwerk mehr Mut, die Sozialversicherungssysteme von Grund auf zu reformieren. Der BHT-Präsident: „Die hohen Sozialabgaben sind mitentscheidend dafür, dass Arbeitsplätze woanders entstehen und Deutschland im internationalen Vergleich weiter zurückfällt. Die Beitragslast für Betriebe und Beschäftigte muss daher spürbar gesenkt werden.“

Beitrag von Alexander Tauscher zur Handwerkskonjunktur:

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